HHGF Beitragen – Contribute

Beiträge, Geschichten, Artikel, Wissenswertes in Text und Bild, alles rund um die Gitarre findet hier seinen Platz.

Intonation der klassischen Gitarre – Ein Beitrag von Igor Frühauf

Die Hauptidee dieses Artikels ist es, die Aufmerksamkeit des klassischen Gitarristen auf den Aspekt der Intonation zu lenken, der direkt mit der klanglichen Schönheit der Gitarre zusammenhängt. Es soll kein tiefes Eintauchen in komplizierte mathematische Musiktheorien sein, sondern eher eine Inspiration, um sich auf diesem Gebiet neuen Horizonten zu öffnen.

Müssen wir uns heute wirklich um die Intonation kümmern? Hat das nicht schon jemand getan und vor einigen Jahrhunderten die gleichschwebende Stimmung geschaffen?

So gut wie alle Gitarren von heute sind ausgestattet mit einem Griffbrett, wo die Abstände der Bünde nach der mathematischen Formel 12√2 berechnet werden. Dies soll sicherstellen, dass die Oktave in zwölf gleich große Halbtonschritte von 100 Cent unterteilt wird.
Und das könnte das Ende der Geschichte sein, …

Begegnung und Dialog mit Andrès Segovia

Andrès Segovia war ein weltweit bekannter Ausnahmekünstler. Wie nahezu alle großen Persönlichkeiten polarisiert auch dieser Mensch, insbesondere in Fachkreisen. Es gibt eine Fülle von Ehrungen, Würdigungen bis hin zu einem Denkmal für ihn. Auch die HHGF möchte A.S. einen Ehrenplatz einräumen. Die, die sich von Andrè Segovia berührt fühlen, z.B. durch Konzerte, Aufnahmen oder persönliche Begegnungen mit dem Maestro, mögen uns ihre Schilderungen aus ganz persönlicher Sicht, zusenden. Dieser spanische Gitarrist hat weltweit viele Künstler und Gitarrenbauer beeinflusst sowie gefördert. Die Liebe zur Musik und zur Gitarre im Besonderen zeichnet ihn aus. Der sagenhafte „Segovia – Ton“, ein Klangerlebnis und eine Botschaft, geliebt und bewundert – oder auch schon vergessen?

Die Vielfalt seines Wirkens und der Einfluss auf die Musikwelt soll hier durch persönliche Schilderungen lebendig bleiben. Eine besonders ausführliche und persönliche Schilderung sendete uns der Gitarrist Haim Asulin:

Andrès Segovia | Wertschätzung und Dankbarkeit

Ich fühle mich weder als Autorität, noch kann ich etwas Neues sagen, was nicht schon gesagt worden wäre. Die Legende Segovia spricht für sich selbst. Trotzdem bin ich glücklich, hier die Gelegenheit zu haben, ihm für die Stunden musikalischen Genusses und für die Freude, die er mir damit bereitet hat, zu danken. Er hat dazu beigetragen, mein musikalisches Streben und mein Verständnis der Gitarre zu formen, und auch, das Gitarrenspiel als Beruf zu verfolgen, was ja auch meine große Liebe ist. Ich möchte hervorheben, dass ich – obwohl ich keiner seiner Studenten war – im Jahre 1965 die Ehre hatte, seiner Meisterklasse in „Santiago De Compostela“ in Spanien beizuwohnen.

Die Legende Segovia

Es war eine Einzelstunde mit Segovia, ich saß vor ihm und erhielt Erklärungen und Demonstrationen, wie man richtig spielt. Ich hatte große Ehrfurcht vor diesem großen Mann, der mir sehr behilflich war, meinem Leben eine Richtung zu geben, den ich aufs höchste bewunderte und dessen Persönlichkeit und Art zu spielen ich als das perfekte Modell für Inspiration und Bestreben ansah.

Ich war tief beeindruckt von seinen wunderschönen, sanften musikalischen Interpretationen und seinem mühelosen Spiel. Einfach ausgedrückt: ich habe verstanden, wie ein Gitarrist gesehen und gehört werden sollte. Ich habe Segovia zuerst durch seine Schallplatten kennengelernt, die ich im Alter von 15 Jahren entdeckte. Da hatte ich schon ein Jahr autodidaktisch Gitarre gespielt. Wie er spielte, das beeindruckte mich tief und elektrifizierte mich regelrecht. Ich hörte seine Aufnahmen stundenlang an und lernte daraus nicht wenige Stücke. Mit 16 Jahren trat ich in meinem Kibbutz Mizra auf. Dieses Konzert wurde mitgeschnitten, und Teile dieser Aufnahme haben überlebt. Man kann seinen Einfluss vom Beginn meiner Karriere bis heute fühlen, und in den Aufnahmen, die überlebt haben (4 CDs), kann man das auch hören und fühlen. Ich kann sagen, ich gehöre der Schule Segovia´s an, wie sie mit seinem Assistenten, dem großen Lehrer Jose Tomas, von 1964 bis 1967 am „Instituts Musical Oscar Espla“ in Alicante in Spanien unterrichtet wurde.

Natürlich gab es im Laufe der Jahre persönliche Änderungen was meine Spieltechniken betrifft, die in vielerlei Hinsicht reflektiert und an meine eigene Persönlichkeit und meine Bedürfnisse angepasst werden mussten, z.B. ausschließlich mit den Fingerspitzen zu spielen, ohne die Fingernägel zu benutzen. Ohne Zweifel kann ich sagen, daß Segovias Einfluss als Mensch und großer Künstler sich in allen Aspekten meines Spielens widerspiegelt. Ich betrachte Segovia als meinen herausragenden Lehrer, als meine Inspiration. Für die Wertschätzung und Dankbarkeit für diesen Mann, der mir so viel gab, gibt es keine Worte. (Haim Asulin, Israel, 13.08.2005)

„Hauser Session“
Solo guitar compositions by Andrew York

Andrew York

Recorded on Segovia`s Guitar – a 1931 cedar top built for Andres Segovia by Hermann Hauser I. This guitar is signed by Hermann Hauser on the underside of the top – “For my good friend, the master Andres Segovia”

Siegfried Behrend Spezial

Siegfried Behrend (1933 – 1990) war ein deutscher Ausnahmegitarrist und Komponist. Er gab Konzerte in Moskau, Rom und Madrid, er spielte vor dem Schah in Persien, vor dem Kaiser in Tokio und vor Gamal Abdel Nasser in Kairo.

Wo klingt ein Gitarrenkonzert am besten?

Über einen Platz unter den ersten Konzertsälen der Welt entscheidet noch immer vor allem die Akustik. Der Wunsch nach guter Akustik ist für Musiker und Konzertbesucher wahrscheinlich etwa gleich groß.

Daneben haben Musiker und Zuhörer aber auch unterschiedliche Bedürfnisse an den gleichen Raum. Während es für Gitarristen beispielsweise wichtig ist, auf der Bühne miteinander kommunizieren zu können, ist es für die Zuhörer wichtiger, bequem zu sitzen und die Musiker auch sehen zu können.

Die Konzerte von Gitarristen sind derzeit für einen an Gitarrenmusik interessierten Zuhörer immer ein Vabanquespiel. Klingt die Gitarre in einer Turnhalle schlechter als in einer Kirche? Bietet ein Sprechtheater die richtige Akustik für ein Gitarrenquartett?

Die Hermann Hauser Guitar Foundation hat aus diesem Grund eine Studie in Auftrag gegeben. In dieser Untersuchung werden Musiker und Konzertbesucher gebeten, ihre eigenen Empfindungen zu den unterschiedlichsten Konzertbühnen abzugeben.

Die Studie beschränkt sich zunächst auf den deutschsprachigen Raum und Konzerte mit akustischen Gitarren.

Anthropologische Begleitforschung

Musikwahrnehmung aus biologischer Perspektive

Ein Kurzreferat der Anthropologin Peggy Seehafer, Hamburg

„Musikalität ist die angeborene oder erworbene Fähigkeit, Musik aufzunehmen und auszuüben.“ (Brockhaus 2008) Wäre sie tatsächlich angeboren, gäbe es nicht die unterschiedlichen Vorstellungen von und Ansprüche an Musik. In den letzten Jahren beschäftigen sich immer mehr Wissenschaftler mit Musik unter psychologischen, neurobiologischen und evolutionären Gesichtspunkten* (Lorenz Welker, LMU Munich).

Die meisten Studien setzen einen einheitlichen Musikbegriff im transkulturellen und großen zeitlichen Kontext voraus. Dieser entstammt zwar erst dem Europa des 19. Jahrhundert, wird aber gern für alle Zeiten und Kulturkreise in Anspruch genommen. Damit besteht das Risiko, bestimmte Phänomene als universell und im Laufe der Evolution entwickelt zu bezeichnen.

Schall, der aktiv zu einem Klangwerk zusammengesetzt wird, gilt gemeinhin als Musik. Dabei wird sie einerseits von der Sprache und auf der anderen Seite vom Geräusch abgegrenzt, wobei die Grenzen dabei sehr schwer zu ziehen sind. Sind Trommler, die Botschaften übertragen Musiker und übertragen Orchestermusiker nicht auch Botschaften?

Musik wird störend oft empfunden, dieweil sie mit Geräusch verbunden
(Wilhelm Busch)

Musik ist ein heterogenes, also bunt gemischtes Bündel von Tonhöhen, deren Verlauf – die Melodie, Rhythmus und Klangfarbe. Diese Eigenschaften sind universell gültig. Die Harmonie eines Musikstücks dagegen kann nur in einem zeitlich und örtlich begrenzten Rahmen wahrgenommen werden. Als Harmonie in der Musik wird der Zusammenklang gleichzeitig erklingender Töne bezeichnet. Diese Eigenschaft ist ein westliches Phänomen in der Musik und taucht erst spät in der Musikhistorie auf. Das bedeutet, dass es keinen einheitlichen Musikbegriff gibt, der über alle Zeiten und Kulturen Gültigkeit besitzt!

Damit ist Musik auch immer nur im Kontext ihrer Funktion bewertbar. Marschmusik hat eine mobilisierende Funktion, dabei spielte die Ästhetik nur eine untergeordnete Rolle. Wohingegen sie beim Morgengesang im Kindergarten wichtiger ist und gemeinschaftstiftend wirkt.

Wenn Musikalität eine biologische Komponente beinhaltet, warum finden einige bestimmte Musik schön und hochwertig und andere nicht zum Aushalten?

Um einen Rhythmus erkennen zu können oder eine Melodie als harmonisch zu empfinden, muss niemand über besondere musikalische Fähigkeiten verfügen. Dennoch ist das Wohlbefinden beim Hören oder Erzeugen von Klängen durch die unmittelbaren kulturellen Eindrücke gefärbt und keinesfalls universell.

Ein besonderes Merkmal von Musik ist, dass zwischen den Hörern und den Musikern eine intersubjektive Übereinkunft darüber geben muss, welche Form der Musik als solche empfunden wird. Das heißt, dass bereits die frühkindliche Erziehung zur späteren Musikempfindung beiträgt.

Das bedeutet aber auch, dass die Vorstellungen von „überirdisch begabten Musikgenies“ an Raum und Zeit gebunden sind. So wie vielen bestimmte arabische Musikklänge als enervierend und anstrengend vorkommen, stösst dort die Musik von Mozart und Wagner an die Grenzen der Hörgewohnheit und wird keineswegs als genial wahrgenommen.

Im zeitlichen Kontext trägt aber auch bei uns die „klassische Musik“ nur noch bei ausgewählten Leuten zum Wohlbefinden bei. Zumeist jüngere Menschen finden beispielsweise Opern ähnlich anstrengend und unharmonisch, wie fremdländische Klänge und umgekehrt wird moderne Musik von Menschen mit „Musikverstand“ nicht als solche akzeptiert.

Die Empfindung von Musik hängt von der Erfahrung ab, die ein Mensch macht:

  • durch früh einsetzende Lernprozesse
  • durch kulturspezifische und individuelle Konventionen des Hörens und
  • durch eine bewußte kognitive Verarbeitung melodischer und rhythmischer Figuren

Das alles hat mit der Biologie eines Menschen nichts zu tun! Musik ist ein kultur-spezifisches Phänomen.

Peggy Seehafer, 05.05.2008 | Hamburger Anthropologenkontor

Die Gitarre und der Grammy

von Peggy Seehafer, Anthropologin

Der Grammy Award ist ein Musikpreis, mit welchem seit 1958 jährlich in den verschiedensten Kategorien namhafte Künstler: Sänger, Komponisten, Musiker, Produktionsleiter und die Tontechnik prämiert werden. Die Auszeichnung ist nicht von Verkaufszahlen oder Charts abhängig.

Der Grammy wird von der National Academy of Recording Arts and Sciences in Los Angeles verliehen. Er gilt als die höchste internationale Auszeichnung für die Künstler und das Aufnahmeteam. Derzeit wird der Grammy in 105 Kategorien vergeben.

In den 47 Jahren der Grammy-Verleihungen gingen dreizehn Ehrungen an Künstler für ihre klassische Gitarrenmusik. Im Vergleich zum Klavier oder der Geige mit je 38 bzw. 24 Grammys erscheint das nicht sehr viel. Aber die Wahrnehmung der klassischen Gitarre und ihrer Popularität scheint an herausragende Persönlichkeiten gebunden und lässt sich sehr gut an den Grammys ablesen. Gleich bei der ersten Verleihung 1958 erhält Andres Segovia einen Grammy. Durch die gesamten sechziger bis Anfang der siebziger Jahre erfährt die akustische Gitarrenmusik mit Laurindo Almeida und Julian Bream immer wieder Ehrungen durch einen Grammy.

1958 – Andres Segovia in der Kategorie Best Classical Performance – Instrumentalist (Other Than Concerto-Scale Accompaniment) für seine Arbeit: Segovia Golden Jubilee.

1958 – Sherwood Hall III, Laurindo Almeida und Salli Terri in der Kategorie Best Engineered Record (Classical) für ihre Arbeit: Duets With A Spanish Guitar mit Laurindo Almeida, Gitarre; Salli Terri, Gesang.

1960 – Laurindo Almeida zwei Grammys in den Kategorien Best Classical Performance – Instrumental Soloist Or Duo (Other Than With Orchestral Accompaniment) für seine Arbeit: The Spanish Guitars Of Laurindo Almeida und in Best Classical Performance – Vocal Or Instrumental – Chamber Music für: Conversations With The Guitar.

1961 – Laurindo Almeida in der Kategorie Best Classical Performance – Instrumental Soloist Or Duo (Without Orchestra) für: Reverie For Spanish Guitar.

1963 beginnt die Erfolgsserie von Julian Bream. In der Kategorie Best Classical Music Performance – Chamber Music erhält die Julian Bream Consort ihren ersten Grammy für: Evening Of Elizabethan Music

1964 – Laurindo Almeida in der Kategorie Best Instrumental Jazz Performance – Large Group Or Soloist With Large Group für seine Arbeit: Guitar From Ipanema.

1966 – Julian Bream in der Kategorie Best Classical Performance – Instrumental Soloist Or Soloists (With Or Without Orchestra) für seine Arbeit: Baroque Guitar (Works Of Bach, Sanz, Weiss, etc.).

1971– Julian Bream, Andre Previn und das London Symphony Orchestra in der Kategorie Best Classical Performance – Instrumental Soloist Or Soloists (With Orchestra) für: Villa-Lobos: Concerto For Guitar.

1972 – John Christopher Williams und Julian Bream in der Kategorie Best Chamber Music Performance für: Julian And John (Works By Lawes, Carulli, Albeniz, Granados).

Nach einer langen Pause scheint sich mit dem Jahrtausendwechsel eine Wende in der Musikwahrnehmung abzuzeichnen. Die klassische Gitarre tritt aus dem Schatten der anderen Instrumente wieder häufiger ins Rampenlicht der Grammy-Verleihung.

2000 – Sharon Isbin, Jens Schünemann und Tobias Lehmann in der Kategorie Best Instrumental Soloist Performance (without Orchestra) für ihre Arbeit: Dreams Of A World – Works Of Lauro, Ruiz-Pipo & Duarte.

2001 – Christopher Rouse, Sharon Isbin, Muhai Tang und das Gulbenkian Orchestra in der Kategorie Best Classical Contemporary Composition für: Rouse: Concert De Gaudí For Guitar & Orchestra.

2005 gewinnt David Russel den Grammy in der Kategorie Best Instrumental Soloist Performance (without Orchestra) für seine Arbeit: Aire Latino.

Hoffentlich tragen die Auszeichnungen für Sharon Isbin und David Russell dazu bei, dass die Musik der akustischen Gitarre ihren Weg zu den geheimsten Plätzen der Seele findet (frei nach Platon, 427 v.Chr.) und die klassische Gitarre eine wirkliche Renaissance erlebt. Die Hermann Hauser Guitar Foundation wird gern ihren Beitrag dazu leisten.

Miguel Llobet 1878-1938

Miguel Llobet (1878-1938) ist einer der bedeutendsten Gitarrenvirtuosen zu Beginn des 20. Jahrhundert. Beeindruckt, als 11jähriger, von einem Konzert des blinden spanischen Gitarristen Antonio Jimenez Manjòn (1866-1919) entschloss sich dieser künstlerisch hochbegabte Junge sein Leben der Gitarre zu widmen. Das ist umso verwunderlicher, da er aus Katalonien stammte und die Gitarre in der musikalischen Tradition dort keine besondere Rolle spielte.

Sein Lehrer Magin Alegre, der ihn zu diesem Konzert mitnahm, förderte ihn die ersten 3 Jahre. Mit 14 Jahren setzte er seine Ausbildung am Städtischen Musikkonservatorium Barcelona, Escuela Municipal de Mùsica, bei Francisco Tàrrega fort. Diese Begegnung zwischen Lehrer und Schüler darf wohl als eine der Sternstunden in der doch recht jungen gitarristischen Geschichte bezeichnet werden. Miguel Llobet war der beste und wichtigste Schüler von Francisco Tàrrega (1852-1909), der dessen Namen und die Bedeutung für die Gitarre weltweit bekannt machte.

Miguel Llobet

20jährig begann Miguel Llobet mit seiner Konzerttätigkeit. Erst in Spanien, unter anderem auch für die Königsfamilie, dann in Europa, Südamerika, die Vereinigten Staaten, Russland und Afrika feierte er die größten Erfolge und etablierte als einer der ersten die Konzertgitarre als Soloinstrument in der ganzen Welt. Der Erfolg begründete sich in seiner Virtuosität, seinem besonderen Gespür für das Instrument und die Musik, die durch ihn den Eindruck hinterließ für Gitarre geschrieben zu sein.

Presseaussagen, wie: Magier…, künstlerische Vollkommenheit…, erstaunliche Technik…, Virtuose von großem Format, bemerkenswerte Musikalität… begleiteten ihn auf seinen Reisen.

Aber die klassische Gitarre hatte im 19.Jahrhundert einen weiteren bedeutenden Protagonisten, den Geigenfabrikanten und Gitarrebauer Antonio de Torres Jurado (1817-1892). Miguel Llobet spielte eine FE 09 und eine FE 013 auf seinen Tourneen. Sein Zusammentreffen mit dem Gitarrebauer Herrmann Hauser I, welches bei seinen Konzerten, die aufgrund von Einladungen der gitarristischen Bewegung München stattfanden, beeinflusste auch die Entwicklung des Gitarrebaus in Deutschland, im besonderen in München.

Miguel Llobet war einer der ersten, der elektrische Aufnahmen von einer Klassikgitarre machte. Es gibt von ihm etwa 100 Publikationen, Kompositionen und Transkriptionen. Er war Lehrer und Pädagoge nach dem Vorbild Tàrregas.

Miguel Llobet, der damals größte spanische Gitarrenvirtuose, war häufig Gast im Hause ihrer Eltern. Er gab ihr mit seinem reinen Stilempfinden und großartigen Technik das Beste, um ihrer einzigartigen Musikalität zur Entwicklung zu verhelfen.

Wolf Moser nennt Miguel Llobet: … den vergessenen Gitarrelehrer Deutschlands.

Heidi Schmidt, März 2005

Warum klingt eine Gitarre nicht wie ein Klavier ?

von Perry Perreiter, Mediaproducer, 22.03.2005

Diese Frage kann man sich schon mal stellen, besonders wenn man schon mal drei Akkorde auf einer Gitarre gespielt und drei Tasten auf einem Klavier gedrückt hat. Und warum wird die Gitarre – wie ich finde zu Recht – als das flexibelste und potentiell klangreichste Begleitinstrument in der Klassik bezeichnet?

Um dieser Frage nachzugehen habe ich mir ein mathematisches Modell zurechtgelegt, das im Wesentlichen auf der Art des Anschlags der Saite basiert. Ob oder wie dieses Modell mit den physikalischen Gegebenheiten in Einklang steht, sei dahin gestellt, auf jeden Fall kann man erahnen, wohin die Reise geht …

Worum also geht es?

Der größte Unterschied zwischen den beiden Instrumenten besteht in der Art, wie die Saiten zum Schwingen gebracht werden. Während eine Gitarrensaite gezupft wird, wird eine Klaviersaite über die Mechanik von einem Hammer angeschlagen. Wesentlich dabei ist es, dass das Zupfen punktförmig (also z.B. von einem sehr spitzen Fingernagel) auf der Saite geschieht, während ein Hammer eine gewisse Breite aufweist und somit die Saite über eine gewisse Länge und nicht punktförmig getroffen wird.

Natürlich spielt es auch eine Rolle, wo die Saite angeregt wird. In der Mitte wird der Klang harmonischer, sanfter wirken als in der Nähe der Enden.

Wie entsteht eigentlich ein Klang?

Ein Klang entsteht immer dann, wenn mehrere physikalische Frequenzen sich überlagern. Für die vom Menschen empfundene Tonhöhe spielt nur die so genannte Grundfrequenz eine Rolle, alle anderen Frequenzen bestimmen eben den Klang. Spielen nun Gitarre und Klavier die gleiche Note, sagen wir ein A mit f0=440 Hz, so ist die Grundfrequenz bei beiden Instrumenten gleich (eben 440 Hz), aber es treten Obertöne in völlig unterschiedlicher Anzahl und Zusammensetzung auf. Obertöne kann man als ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz auffassen.

Der Klang der Mitte

Wird eine Saite (egal ob Gitarre oder Klavier) in der Mitte angeschlagen, so treten nur ungerade Vielfache der Grundfrequenz auf. Da die Frequenzen 2*f0, 4*f0, … fehlen, treten keine Oktaven auf. Stattdessen tritt als erstes eine Quint auf (3*f0). Diese Quint und das Fehlen der Oktave führen zu einem harmonischen Klangerlebnis.

Der Klang der Gitarre

Beim punktförmigen Zupfen einer Saite treten die Obertöne im Vergleich zur Grundfrequenz nur sehr leise auf. Je weiter man sich jedoch beim Zupfen von der Mitte entfernt, desto lauter werden die Obertöne, insbesondere treten jetzt neben den ungeraden Vielfachen der Grundfrequenz auch Oktaven auf, der Klang wird unreiner.

Der Klang des Hammers

Auch beim Anschlagen einer Saite durch einen Hammer treten Obertöne auf, die jedoch viel lauter sind als beim Zupfen. Die erste Oktave überlagert den Grundton deutlich, was weniger zu einem in sich ruhenden Ton als vielmehr zu einem z.B. für ein Klavier typischen Frequenzgewirr führt.

Noch mal der Klang der Gitarre

Sieht man die komplexen Bewegungen der Saite, so kann man sich leicht vorstellen, was passieren mag, wenn man die Saite aus ihrem mathematischen Modell befreit und sie in die physikalische Realität entlässt, in der die Saite eben nicht reibungslos, masselos und ideal dehnbar ist, und in der Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, verwendetes Material, die Virtuosität des Gitarristen und nicht zuletzt die Geheimnisse des Gitarrenbauers und der Gitarre selbst eine zentrale Rolle spielen.

Zur Namensgebung
der „Hermann Hauser Guitar Foundation“

von Sebastian Stenzel, Gitarrenbaumeister

Die Hermann Hauser Guitar Foundation trägt den Namen eines der bedeutendsten Gitarrenbauer überhaupt. Das ist nicht nur erfreulich, sondern auch sinnvoll. Zwar könnte sie auch nach Andrè Segovia oder Julian Bream, das heißt, nach einem großen Gitarristen benannt sein, doch es gibt bessere Gründe gerade für diese Namenswahl. Vorweg: zu unterstellen, daß einer der Gründer der Foundation, der Enkel und Gitarrenbauer gleichen Namens, sich hier selbst ein Denkmal schaffen wolle, wäre ein Zeugnis von Ignoranz.

Der Name Hermann Hauser kann vielmehr als ein vollgültiges Symbol für die Achtsamkeit, Sorgfalt und Liebe gelten, mit der Hauser I sich der Gitarre gewidmet hat – und damit auch als ein Symbol für das, was uns alle in den Bann dieses wunderbaren Instruments zieht, dem hier mit der Stiftung ein Gewächshaus gebaut wird. Und das ist sehr notwendig: Der Bedarf an Information, Austausch und Lehre ist enorm, auch, was das Instrument selbst betrifft. Die klassische Gitarre findet weltweit immer mehr Liebhaber und während es immer mehr hervorragende Gitarrenlehrer gibt, bleibt ein tieferes Verständnis der Gitarre selbst den meisten verborgen.

Die klassische Gitarre ist eines der komplexesten Saiteninstrumente und wirklich exzellente Gitarren sind immer noch etwas sehr Seltenes. Deshalb wird es nicht schaden, die Arbeit des Gitarrenbauers zu würdigen und ein wenig mehr ins Licht zu rücken. So ist der Name Hauser auch ein Symbol für die Verbundenheit von Zweck und Mittel, die Zusammenarbeit von Musiker und Instrumentenbauer. Llobet und Hauser, Segovia und Ramirez, Segovia und Hauser I, Behrend und Weißgerber, stets war es eine Zusammenarbeit der besten Gitarristen mit den besten Gitarrenbauern, die die besten Instrumente entstehen ließen, und ich wage zu behaupten, auch die beste Gitarrenmusik.

So dürfen wir hoffen, daß die Foundation – sicher ganz im Sinne ihres Namensgebers – ein Forum auch für den Bau und die Entwicklung der Gitarre werden wird. Bei anderen Instrumenten selbstverständlich, fehlen unter Gitarrenbauern bislang wissenschaftliche Standards bei der Diskussion von technischen und akustischen Fragen des Gitarrenbaus, obwohl die Akustikforschung gerade im letzten Jahrzehnt große Fortschritte gemacht hat. Ob diese Forschung hilft, bessere Gitarren zu bauen, mag dahingestellt sein; ganz sicher aber erweitert sie das Verständnis des Instruments und hilft es zu vermitteln und bei der Vielzahl von Neuentwicklungen die Spreu vom Weizen zu trennen.

Reparatur und Restauration von Gitarren werden ebenfalls an Bedeutung gewinnen, denn die Zahl erhaltenswerter Instrumente nimmt exponentiell zu. Die vielen „kaputtrestaurierten“ Gitarren, die man immer wieder sieht, zeigen, wie nötig auch hier die Erarbeitung, bzw. die Verbreitung von Standards ist: es wird an Aufgaben nicht mangeln.

Nicht zuletzt steht der Name Hermann Hauser auch für seine Zeit; manche sprechen vom „goldenen Zeitalter der Gitarre“. Damals hat es in München hunderte von Werkstätten gegeben, in denen das Wissen vom Instrumentenbau tradiert werden konnte. Der Nationalsozialismus und der zweite Weltkrieg haben dieser breiten Tradition ein vorläufiges Ende gesetzt, aber solange Gitarren dieser Epoche spielbar sind, kann der Geist dieser Tradition wieder zu neuem Leben erweckt werden. Und welcher Ort wäre dafür besser geeignet als München?

Nach oben scrollen